Knapp 100 Menschen trotzten am späten Nachmittag des Samstag, 4. Juli 2020 dem Dauerregen in Kiel und demonstrierten anlässlich des Deutschland-Besuchs des türkischen Außenministers Çavuşoğlu sowie des Kultur- und Tourismusministers Ersoy gegen die repressive Politik des AKP-MHP-Regimes in der Türkei und die seit Wochen andauernden kriegerischen Angriffe des türkischen Militärs in Süd-Kurdistan. Die Demonstrant*innen zogen von der Halle 400 über den Hauptbahnhof zum Exerzierplatz.
Es kam wiederholt zu polizeilichen Schikanen, die durch den vor Ort anwesenden Staatsschutz persönlich angeordnet wurden. So wurde das Tragen von Fahnen der Kampagne für die Freiheit Abdullah Öcalans verboten und versucht, das Zeigen eines Transparents zu unterbinden, das vermeintlch inkriminierte Symbole der PKK abbildet. Zumindest letzteres konnte jedoch durch Anwälte abgewendet werden.
Bereits im Vorfeld wurde die Auftaktkundgebung von den städtischen Behörden vom eigentlich angemeldeten Vinetaplatz in Gaarden an den Rand des Stadtteils verlegt. Schon 2018 wurde der Versuch von Versammlungsbehörde und Polizei, wegen einer angeblichen Gefährdungslage durch die dort ansässige Bevölkerung, eine Dauerverbotszone für Kurdische Demos in Gaarden einzurichten, vor dem Verwaltungsgerich Schleswig gekippt. Der erneute Versuch, die Versammlungsfreiheit für Kieler Kurd*innen pauschal zu beschneiden, darf auch zuküntig nicht als schlechte Gewohnheit der Kieler Behörden akzeptiert werden.
Dass es den Autoritäten nicht um eine etwaige Gefährdung der Demonstrationsteilnehmer*innen geht, wurde deutlich, als zwei Männer an der Andreas-Gayk-Straße aus ihrem Auto heraus die Demo provozierten und den Gruß der faschistischen „Grauen Wölfe“ zeigten. Dieser Vorfall wurde von den übertrieben zahlreichen polizeilichen Begleitkräften noch nichteinmal registriert. Dass hinter den Schikanen und Repressionen der von der Bundesregierung gestützte lange Arm Erdogans steckt, der im Zweifelsfall auch bis nach Kiel reicht, um Gegenöffentlichkeit zu dessen autokratischer Politik des permanenten Staatsterrors unsichtbar zu machen, liegt auf der Hand.